Südfrankreich

Busreise vom 27. Juni bis 3. Juli 2023 mit Annette Heizmann

Auf den Spuren von Maria Magdalena in der Provence

Maria Magdalena in der Provence?? Hatte ich da etwas missverstanden? Hatten die Autoren etwas Falsches ausgedruckt? Die Provence ist doch gute 4.000 km von Palästina entfernt ... wie sollte Madeleine, wie sie in der Provence genannt wird, also dorthin kommen? Voller Skepsis zog ich los, denn es lockte mich auch die Provence sehr... erst recht im Juni ... wenn der Lavendel blüht.

Maria Magdalena, Maria Jakobäa, Maria Salome, Lazarus, Maximus und eine schwarze Dienerin sollen in einem segellosen Schiff ausgesetzt worden sein und im französischen Fischerdorf »Saintes-Maries-de-la-Mer« gestrandet sein. So sagt es die Legende. So feiert es die Tradition. Seit 1280 verehrt man z.B. Reliquien der Maria Magdalena, die in einer Krypta aus dem 4. Jh. entdeckt worden sind. Saint-Maximin-la-Sainte-Baume ist ein wichtiger Ort dieser Verehrung ... aber auch die Grotte hoch am Berg de la Sainte Baume, in der sie die letzten 30 Jahre ihres Lebens verbracht haben soll. Der Mönch der Dominikanerabtei, die dieses Heiligtum betreut, sagte es sinnenfällig: »Ob sie da war, können wir nicht beweisen, aber, dass sie jetzt da ist, ist ohne Zweifel.«

So bildeten also die heiligen Personen aus dem Evangelium einen Strang dieser Reise. Einen zweiten - nicht minder wichtigen Strang - bildete die Natur, Gottes herrliche Schöpfung: die schroffen Kalkfelsen, die grüne Macchia, der fantastische Quelltopf der Durance, die Zypressen, die Öl- und Feigenbäume, die uns Nordeuropäern sofort auffallen und dann natürlich der Lavendel in seiner lebensweckenden Farbe und nicht zu vergessen: die extreme Farbe der »Ockerfelsen« bei Roussillon, die mit dem tiefen Grün der Pinien einen fantastischen Kontrast bildeten. Aber auch der Reisanbau, die Pfirsiche und Aprikosen, die weißen Pferde der Camargue, die Flamingos weckten unsere Aufmerksamkeit und unser Staunen vor der Schöpfung Gottes.

Ein weiterer farbiger Faden an dieser Kordel »Leserreise« waren die malerischen französischen Städte mit ihren weltbekannten Namen: Roussillon, Aix-en-Provence und Arles. Und natürlich blieben die hier einst residierenden weltbekannten Künstler wie Cezanne und Van Gogh nicht unerwähnt. Was die Schönheit der »Kordel« aber extrem aufwertete, waren die Menschen, die Teilnehmer unserer Gruppe, die ein »Sich-Selbst-Sein« ermöglichten, wie es nicht in allen Reisegruppen möglich ist. Dann imponierte die soziale Achtsamkeit untereinander, die auch von unserer Reiseleiterin Annette initiiert wurde. Oder der überaus herzliche Kontakt zum Küchen- und Servicepersonal. Oder die spontane - vom Geist Gottes getragene - Begegnung mit zwei dunkelhäutigen Ordensschwestern von der Elfenbeinküste. Auch die reibungslose Zusammenarbeit mit dem geduldigen Busfahrer, der überaus belesenen sympathischen französischen Reiseleiterin Monika trugen zur gelungenen Atmosphäre bei. Ganz entscheidend für den Mehrwert dieser Reise aber war die unaufdringliche spirituelle und »hildegardliche« Begleitung durch Annette Heizmann.

Bericht: R. Pscheidl
Foto: Die Reisegruppe vor der Kulisse der Prieuré Salagon


Du bist unendlich geliebt

Den Spuren Maria Magdalenas, Schutzpatronin der Provence, folgten eine Woche lang Ehepaare, Freundinnen, einzelreisende Frauen und Männer unter der spirituellen Leitung von Annette Heizmann.

Gleich am ersten Pilgertag begann die Tour hinauf in das Massif de la Sainte Baume, einem der drei heiligen Berge. Von der Hostellerie der Dominikaner (sie betreuen seit 1295 die Grotte und die Basilika mit den Reliquien in St. Maximin) erreichten wir auf dem Anstieg des »Königswegs« durch den alten Wald mit Steineichen und Eiben nach einer ¾ Stunde das obere Kloster. Auf der Höhe von 850 m wurde es direkt an der Gotte in den Felsen gebaut; Maria Magdalena soll hier ihre letzten drei Lebensjahrzehnte verbracht haben. Nicht als Buße, sie war ja durch Jesus eine Erlöste, sondern im selbstgewählten Rückzug an diesen Ort der Kraft. Von der Kapelle St. Piliat auf dem Gipfel (1200 m) war sie den Engeln noch näher - so eine weitere Legende - und hatte von dort einen Blick in das Landesinnere und aufs Mittelmeer, und sie wusste an dessen anderem Ende Palästina, ihre Heimat in Galiläa am See Genezareth. Wir hatten noch Zeit, die obere Grotte mit dem Altar und der unteren Höhle mit dem Quellwasserbassin zu erkunden, bevor die feierlich gesungene Messe um 11 Uhr begann, vier Dominikanermönche feierten ihre 10jährige Primiz.

Nachmittags besichtigten wir in Saint-Maximin la Sainte Baume das Grab der Heiligen mit der Schädel-Reliquie, 1280 entdeckt in einer Krypta aus dem 4.Jh. Diese schon von weitem sichtbare Wallfahrtskirche »Basilique Ste Marie-Madeleine« ließ Graf Charles II von Anjou ab 1295 bauen, bis heute der größte gotische Bau (72,60 m lang, 29 m hoch) der Provence, aber unvollendet. Im burgundischen Vézelay werden ebenfalls Gebeine der Heiligen verehrt. Die Grabstätte ihres Glaubensbruders Jakobus in Santiago de Compostela wurde ab 1047 neben Rom und Jerusalem drittes Hauptziel der christlichen Pilgerfahrt.

Bei der Hotel-Rückfahrt nach Manosque konnten wir die Eindrücke vertiefen, denn Annette Heizmann las uns aus dem Manuskript ihres nächsten Buches vor: über die Zeugin von Verurteilung, Kreuzigung, Bestattung und Auferstehung Jesu. Sie ist ein Segen für unseren Glauben - das Geheimnis ihrer Botschaft bleibt aktuell. Auch Christus will täglich gefunden werden, um seine Gottes-Botschaft zu erspüren: Du bist unendlich geliebt! Ohne historische Beweise zur Person wurde die »schillernde« Frau der Jesus-Bewegung vor allem durch die Künstler im 14/15. Jh. tradiert, die sie mit Vorliebe erotisch als »neue Eva« darstellten.

Der nächste Tag stand unter einem weiteren Aspekt der Heiligen mit ihrem Attribut des Salb-Gefäßes: »Mirjam« war auch Heilkundige, denn begabte Frauen hatten die Aufgabe mit Geburt, Krankheiten, Sterben und Tod umzugehen; sie kannten sich aus mit Gewürzen, Kräutern und Essenzen aus Myrrhe und Weihrauch, sicher auch mit der Anwendung von Lavandula angustifolia, dem echtem »Lavendel«. Wir stiegen schon vor 10 Uhr aus dem Bus und standen vor der ehemaligen Benediktinerabtei Salagon aus dem 11. Jh. in Mane, heute ein einzigartiges Konzept aus Kunst (Ausstellung und Konzerte) und Museum sowie ein offenes Lehrbuch mit ca. 1.700 Pflanzen, die thematisch auf 6 Hektar Gartenfläche kultiviert werden. Annette Heizmann, Autorin des »Hildegard-Codes«, erklärte uns im kleinen Mittelalter-Garten einige Heilkräuter der Hildegard. Die Benediktinermönche brachten sowohl Pflanzen als auch das Wissen der Ägypter, über die Griechen verbreitet, über die Alpen, wo sie in Kloster- und Apotheker-, später auch Bauerngärten angebaut wurden.

Bei der Weiterfahrt durch das Auf und Ab der Alpes-de Haut -Provence kamen wir nun auf 500 m über dem Meer an blau-lila Lavendelfeldern vorbei, um in dem kleinen Städtchen Simiane-la-Rotonde bei den Young-Living-Betreibern zunächst unter Sonnensegeln ein Picknick mit regionalen Salaten, Quiches und Gebäck zu genießen und dann den Informationen aus dem Königreich des Lavendels zu lauschen. Weltweit gibt es ca. 35 Arten, die sich von Persien über das gesamte Mittelmeergebiet verbreiteten; die Römer nutzten es für ihre Badekultur, deshalb »lavare« (übersetzt »waschen«).

Vor Ort werden gerade 4 Sorten angebaut, zu 80% das um 6mal ertragreichere geklonte und deshalb sterile Lavandin. Echter Lavendel wird für die breitgefächerte Heilwirkung zusammen mit einigen Bauern in Bio-Qualität auf den äußerst kargen, steinigen Flächen ausgesät. Anschließend besichtigten wir die moderne Destillation mit eigenem Quellwasser; in 1-2 Stunden ergibt sich aus ca. 200 kg getrockneten Blüten 1 Liter reine Essenz.
Selbstverständlich gehörte die Burgbesichtigung mit dem runden Wachturm (1190), einer fast 10 m hohen steinernen Kuppel unter 12 Bogenrippen und deren Nischen mit der Größe eines Rittersaals zur architektonischen Besonderheit. Ein Ausflug zur Fontaine de Vaucluse zeigte die Kostbarkeit des Wassers am Sorgue-Quelltopf, fünftgrößte Quelle. Bereits für Kelten und Römer, die das geschlossene Tal »vallis clausa« nannten, war dies ein heiliger Ort. Ähnlich dem Karstgebiet der Alb mit dem Blautopf wird ihr Einzugsgebiet und die Tiefe weiter erforscht. Zufällig kam es bei der Besichtigung der romanischen Kirche Notre-Dame-Saint Veran aus dem 11. Jh. zu einer wundervollen Begegnung mit zwei lilagewandeten Nonnen von der Gemeinschaft »Mutter der ewigen Liebe«. Nach einem gemeinsamen Taizélied, sangen sie für uns ein Spiritual aus ihrer Heimat, der Elfenbeinküste. Das Motto der Reise »Leben - Lieben - Lachen« wurde hier lebendig, zeigt es doch das weltweite Netzwerk der Jesus-Anhänger*innenschaft, bzw. die Verkündigungsspuren der Frohen Botschaft, die eben auf europäischem Boden von Südfrankreich durch die Gruppe um die erste Apostelin erfolgte. Bereits 314 wurde von Kaiser Konstantin in Arles ein Konzil einberufen. Frankreich wird neben Rom als »älteste Tochter der Kirche« bezeichnet, da viele provenzalische Städte und Dörfer Spuren des Christentums tragen.

In Aix-en-Provence, dem ehemaligen »kleinen Rom« gründete der Heerführer Gaius Sextius Calvinus um 125 v. Chr. »Aquae Sextiae Salvoriane«. Dort in der Universitätsstadt steht die Kathedrale Saint-Sauveur an der alten Via Aurelia, (70 m lang, 46 m breit und deren Innenraum 20 m hoch) mit unterschiedlichsten Baustilen. Während der kleinen Andacht im Baptisterium, dem ältesten Teil aus dem 4./5. Jh., empfanden wir den Platz um das 8-eckige Taufbecken als besinnliche Quelle. Vielleicht hat ja Maria hier, in der damaligen römischen Basilika auf dem Forum um 50 n. Chr. gepredigt, denn Maximinus baute eine dem Erlöser geweihte kleine Kapelle, die während der Invasionen der Sarazenen im 8./ 9. Jh. zerstört wurde.

Am 4. Pilgertag, der längsten Busstrecke von 150 km, kamen wir in die Camargue, dem Rhone-Delta mit der besonderen Flora und Fauna (Sümpfe, Salinen, weiße Wildpferde, schwarze Zuchtstiere, Flamingos u.a.). Wegen einer Hochzeit war die Besichtigung der ursprünglich romanischen Kirche Saintes-Maries-de-la-Mer nur kurz, dafür hatten wir Gelegenheit, auf einer engen Wendeltreppe auf das steinerne Dach emporzusteigen und die Aussicht aufs Meer zu genießen, wo angeblich um 47 n. Chr. Maria mit ihren Glaubensfreund*innen strandete. Von hier aus sollen sie die Weisung Jesu beherzigt haben, zu zweit in die Welt zu ziehen, um das nahe Reich Gottes zu verkünden: Marta und Lazarus Richtung Tarascon, Maximinus und Maria Magdalena über Marseille nach Aix und Saint Baume (224 km entfernt); in dem kleinen Fischerdorf wurden 1448 die Gräber der beiden Apostelmütter Maria Salome und Maria Jakobäa wiedergefunden und deshalb zu einem beliebten Wallfahrtsort. Ebenfalls wird hier Sara, Schutzpatronin der Sinti und Roma, in einem mehrtägigen Fest im Mai besonders verehrt. In einer Prozession wird ihre Skulptur zum Meer getragen und neu eingekleidet. Das Zeichen aus Anker, Herz und Kreuz für Hoffnung, Liebe, Glaube wurde zum Symbol der Camargue.

Weitere Besichtigungen auf dem Programm waren u.a. die begehbare Ockerstadt um Roussillon, die kleine Hafenstadt Cassis und die Landschaften, die durch Cezanne in Aix und van Gogh in Arles unsterblich gemacht wurden (beide Künstler galten als Taugenichtse, seinerzeit unverstanden, da zu modern, eben kein »hoffähiger« Verkauf, sie blieben arm).

Zum Abschluss besuchten wir Notre Dame de Sénanque, das »Enkeltochterkloster«, ab 1148 gebaut, denn der kontemplative Zisterzienserorden und das Stammkloster Cîteaux wurden 1098 durch Robert von Molesme, Alberich, Stephan Harding und 18 weitere Gefährten gegründet, die strengen Regeln Benedikts übernehmend. Einer der 6 Mönche, die heute dort leben, führte uns durch die Abtei, deren einfache schlichte Kirche seit zwei Jahren renoviert wird, er erklärte uns die bewegte Geschichte und die Räume wie z. B. den Brüdersaal als »Wärmestube«, das darüber liegende Dormitorium, den Kapitelsaal und den Kreuzgang. Wie auf den bekannten Kalendermotiven genossen wir noch einmal die Lavendelfelder auf dem Weg zum Bus.

Vor dem Flughafen in Nizza hieß es Abschiednehmen: vom Busfahrer Roberto und von unserer örtlichen Reiseleiterin Monika Krügl, wandelndes Lexikon mit bayrischem Dialekt zu Kultur, Flora, Fauna, Geschichte, Gesellschaft u.a. und oft auch herzhaft zupackend, wenn es in den Restaurants zu wenig Bedienung gab. Beide waren Teil der entstandenen Gemeinschaft, Geburtstage und Ehejubiläen mitfeiernd. Ein herzliches Dankeschön dem Kleeblatt im »Bus-Cockpit«, ohne sich zuvor zu kennen, waren sie ein wunderbares tragfähiges Team, dem wir uns alle bestens anvertrauen konnten.

Beim Zwischenstopp in Frankfurt hatten wir eine unschöne Überraschung: der Weiterflug nach Stuttgart war gecancelt! Dank Annette Heizmanns Talenten, auch den organisatorischen, erreichten wir aber alle per Bahn die Heimat. Waren dabei etwa Magdalenas Spuren zu entdecken, die sich nicht nur symbolisch in einigen Stürmen zu behaupten wusste, dabei immer in der Gewissheit um Gottes Zuversicht. In nahezu allen christlichen Religionen wird ihr Gedenktag am 22. Juli gefeiert. Mit der Heiligen setzen wir auf eine erneuerte geschwisterliche Kirche, die an Jesu Verkündigungen und Seligpreisungen anknüpft: Gerechtigkeit, Heilung, Gewaltfreiheit, ein selbstverständliches Miteinander von Frauen und Männern, Wohlergehen der Kinder und liebevoller verantwortlicher Umgang mit Gottes Schöpfung.

Bericht: G. Mück